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KRITISCHES CHRISTENTUM

 

Nr. 466/467                                    März/April 2023

 

 

 

GEGEN DIE GEWALT IN PERU

Kirchlicher Appell an die USA

Luis Zambrano Rojas (geb. 1946 in Ica/Peru), katholischer Pfarrer der Gemeinde Pueblo de Dios in Juliaca in der Diözese Puno, Befreiungstheologe und Dichter, ist seit seinem Studium an der Universität Innsbruck Ende der 1970er Jahre mit „KC“ verbunden. Angesichts der Situation in seinem Heimatland hat er uns Anfang Fe­bruar und Anfang März u. a. geschrieben: „Die Gesundheit meines Landes ist so wie in einer Intensivstation. Die politische Lage in Peru ist sehr schwierig nach der Absetzung von Präsident Castillo. Seit diesem 7. Dezember herrscht eine tiefe soziale Krise. Weihnachten war für mich eine Zeit großer Sorgen. Die meisten Pe­ruanerInnen lehnen die neue Präsidentin Boluarte ab. Sie antwortet aber mit Abwehr und mit Lügen. Am vergangenen 9. Jänner hat die Polizei innerhalb von zwei Stunden 17 Demonstranten getötet. Am gleichen Tag abends hat ein Mob einen unschuldigen Polizisten grausam getötet. 80 Menschen wurden verletzt. In gan­zem Land sind 48 Menschen durch Polizei und Militär umgebracht worden. Es starben auch 10 Mitmenschen wegen der Blockierung wichtiger Straßen. Bis jetzt gibt es über 1.000 verletzte Zivilisten und Polizisten. Die Mehrheit der PeruanerInnen verlangt, dass die Präsidentin ihr Amt verlassen muss. Sie will aber das nicht tun. Letzte Woche sind ca.400 Soldaten in die Stadt Puno marschiert. Es scheint, dass unser Land in einen Krieg schlittert. Ein Krieg von der exekutiven und legislativen Gewalt gegen die Bevölkerung. Als Priester kümmere ich mich mit einigen Mithelfern um die Familien der ermordeten und um die vielen Ver­letz­ten. Das wird Monate dauern. Gerade jetzt ist es sehr wichtig, über die Verletzung der Menschenrechte in Perú laut zu sprechen. Die Boluartes Regierung soll vom Ausland isoliert werden.“

Wir bringen einen Offenen Brief, in dem rund 40 religiöse nationale und internationale Organisationen, vor allem Ordensgemeinschaften (Dominikanerinnen, Fran­ziskanerInnen, Maryknoll-Schwestern, Caritas-Schwestern etc.), aber auch die Evangelisch Lutherische Kirche in Amerika, Presbyterianische Kirche der USA, Vereinigte Methodistische Kirche sowie Pax Christi USA, Lateinamerika und Karibik sowie International an US-Präsident Joe Biden und den US-Kongress ap­pel­lieren, die Militär- und Polizeihilfe an Perú zumindest vorübergehend einzustellen.

Wir, die 37 unterzeichnenden nationalen und internationalen glaubensbasierten Organisationen, von denen viele Mitglieder in Peru arbeiten, Schrei­ben, um unsere tiefe Besorgnis über die unverhältnismäßige und übertriebene Reaktion der Polizei, die in den letzten Wochen in Peru auf Demon­stran­ten losgelassen wurde. Das Ergebnis war tragisch und führte zu über 55 Toten und mehr mehr als 1200 Verletzten.

Viele in unseren peruanischen Glaubensgemeinschaften sind Zeugen der außerordentlichen Gewalt der Polizei und der Sicherheitskräfte geworden, die von Präsidentin Dina Boluarte zur Wiederherstellung der Ordnung nach der Amtsenthebung und Verhaftung des ehemaligen Präsidenten Pedro Castillo entsandt worden sind. Valéry Nodem, Mitarbeiter für internationale Hungerfragen beim Presbyterianischen Missionswerk, sagte, „die unverhältnismäßig hohe Gewaltanwendung durch die peruanische Polizei und die Streitkräfte sowie die Strategie der Regierung, diejenigen, die sich zur Unterdrückung der Proteste äußern, als ,Terroristenzu bezeichnen, heizt nicht nur die die Proteste und die Sympathie für die De­mon­stran­ten weiter an, sondern erinnert auch an die dunklen Tage der internen bewaffneten Konflikte, von denen sich das Land nie ganz erholt hat.“ Es ist zwingend notwendig, dass der Staat die ersten Schritte zum Dialog unternimmt, indem er seine Haltung gegenüber den Demonstranten mildert und die Verantwortung für die zahlreichen Todesfälle übernimmt.

Am 9. Januar schoss die peruanische Nationalpolizei in der Stadt Juliaca in der südlichen Region Puno auf Demonstranten und tötete 19 Menschen, darunter Jugendliche und einen Arzt, der Verwundete behandelte. Die Sicherheitskräfte schossen einigen in die Brust, den Rücken und in den Kopf, was von Zeugen als Massaker bezeichnet wurde.

Am 21. Januar stürmten bewaffnete Polizisten die San-Marcos-Universität in Lima, wo sich Demonstranten aus dem Süden Perus versammelt hat­ten, um an einer Demonstration in der Hauptstadt teil­zunehmen, was zu mehr als 200 gewaltsamen und willkürlichen Festnahmen führte. Als Re­aktion darauf forderte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte die peruanischen Behörden auf, „die Rechtmäßigkeit und Ver­hält­nis­mäßigkeit des [polizeilichen] Eingreifens und die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zu gewährleisten“..

Wir schließen uns auch den Bedenken der peruanischen katholischen Bischofskonferenz an: „Wir bedauern, dass diese Ereignisse aufgrund der Ver­­zerrung des Rechts auf Protest stattgefunden haben... und wir bedauern auch die übermäßige Anwendung von Gewalt.“

Die US-amerikanische katholische Maryknoll-Missionarin Schwester Patricia Ryan, Präsidentin von DHUMA, einer Menschenrechtsorganisation in der Region Puno, sagte: „Was in der Stadt Juliaca in der Region Puno geschah, kann nur als eines der schlimmsten Massaker, die sich in den letz­­ten Jahren in diesem Land ereignet haben, bezeichnet werden. Es ist nicht Aufgabe der peruanischen Nationalpolizei oder der peruanischen Streit­­kräfte, die Konflikte zu lösen, die sich ereignet haben. Es ist die Pflicht der Zentralregierung und des Kongresses der Republik, innerhalb einer angemessenen Frist eine realistische, gewaltfreie politische Lösung zu finden, um Ruhe und Frieden im Lande wiederherzustellen.“.

Auch wenn die überwiegende Mehrheit der gewaltsamen Todesfälle durch bewaffnete Polizei- und Sicherheitskräfte gegen Demonstranten ver­ur­sacht wurde, verurteilen wir auch den Tod anderer Zivilisten aufgrund von Straßenblockaden der Demonstranten und den Tod eines Poli­zei­be­amten. Wir verurteilen alle Gewaltakte und schließen uns den Worten von Papst Franziskus zu dieser Krise an: „Gewalt löscht die Hoffnung auf eine ge­rechte Lösung der Probleme aus. Ich ermutige alle Beteiligten, den Weg des Dialogs zu beschreiten unter Brüdern derselben Nation, unter voller Ach­­tung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit.

Solidaritätsadressen an: Lisa Sullivan, Maryknoll Office for Global Concerns, lsullivan@maryknollogc.org

 

 

Luis Zambrano:

 

„WIR LASSEN UNS DIE HOFFNUNG NICHT RAUBEN!“

 

Interview, gesendet vom Instituto „Bartolomé de las Casas“ in Lima, Perú

 

Wie kann man die Situation verstehen, in der man heute in Puno lebt?

 

Zambrano: In den Quechua- und Aymara-Kulturen hat die Einhaltung des gegebenen Wortes eine wesentliche Bedeutung, auch wenn das Ver­spre­chen nicht schriftlich war. In einem Meeting, das im vergangenen Jahr gerade in Juliaca stattfand, sagte Dina Boluarte an der Seite von Pedro Castillo gleichsam schreiend: „Wenn sie Castillo seines Amtes entheben, werde ich mit ihm gehen.“ Als der Moment kam, erfüllte sie ihr Ver­spre­chen nicht. Boluarte verlor Glaubwürdigkeit vor dem Volk von Beginn ihrer Regierung an. Umso mehr, da jene, die sich als Linke aus­gab, sich den Kräften der extrem Rechten anschloss, welche sie Wochen zuvor terrorisierten. Die Desillusion war total. Von da an begannen die Proteste und die Einschätzung als Verräterin. Und das immer mehr wachsende Verlangen, dass sie vom Präsidentenamt zurücktrete. Schon auf einer höheren Stu­fe der Macht, ließ sie sich von Prominenten wie Luis Otárola vereinnahmen, der als Verteidigungsminister einer der Verantwortlichen für die er­sten Toten in Andahuaylas und Ayacucho war. Anstatt ihm die Macht zu nehmen, belohnte sie ihn, indem sie ihn zum Premierminister ernannte. Da­mit verlor die Präsidentin jedes Recht auf ihr Amt. Ihre Antwort angesichts der Märsche der Bevölkerung von Juliaca war sehr grausam. Am Tag der größten Gewalt, am Montag, dem 9. Jänner, war das, was da vor sich ging, ein Massaker: Die Polizisten hielten sich nicht an die Regel, die in außerordentlichen Fällen erlaubt, mit einer Distanz von 35 Metern mit Schrot zu schießen. Sie taten es mit wenigen Metern Abstand. Der erste Emordete, Gabriel Omar Lopez Amanqui (35), der Erfrischungen verkaufte, starb an unzähligen Schrotschüssen in den Rücken, wegen eines Angriffs aus der Nähe. Viele wurden, gegen die Regel, von der Gürtellinie aufwärts ange­schos­sen, in der Mehrheit Jugendliche und junge Erwach­sene. Es gab Hubschrauber, die über der Bevölkerung flogen und Tränengasbomben und Schrotkörner abwarfen. Niemals haben wir eine so massive Art von Aggression gesehen. Man beobachtete auch, dass es um den Flughafen einen Kampf gab zwischen der Polizei und Gruppen, die mit Steinen und Geschützen bewaffnet waren. Es gab Polizisten, die einige Verwundete festnahmen und mit Drohungen erreichten, dass sie sich selbst des Van­dalismus beschuldigten, um frei zu kommen. Ein skandalöser Fall war die Ermordung des Internisten Marco Antonio Samillán Sanga (31), der, als er hockend einen Verwundeten versorgte, durch die Schulter geschossen wurde, was seinen Tod verursachte. Es gab 80 verwundete Zivilisten und ebenso viele in den Reihen der Polizei. Ein anderer schrecklicher Fall war der Angriff auf zwei Polizi­sten in derselben Nacht des 9. Jän­ner durch eine Horde im Bezirk Tambopata, als sie in einem Lastwagen der Institution unterwegs waren. Einer konnte sich retten, aber José Luis Soncco Quispe (29) wurde samt dem Lastwagen verbrannt. Insgesamt starben 19 Menschen. Vor diesen schwerwiegenden Ereignissen klingen die Schwei­geminuten im Kongress, die zweifelhafte Bitte um Vergebung der Auftraggeber und die Planung eines Dialogs seitens der Minister für die Be­­völ­kerung, die angegriffen wurde, wie ein Scherz und eine Provokation. Sie reden von Frieden und fahren fort mit der Unterdrückung und ma­chen Jagd auf die leitenden Persönlichkeiten in den Regionen. Sie schieben die ganze Schuld auf die Demonstranten. Ihre politische Ver­ant­wor­tung als Regierung erkennen sie nicht. Sie sprechen mit Verachtung über die Einwohner von Puno als einem Volk, das nicht denkt, sondern sich ma­­ni­pulieren lässt von Scharfmachern aus Puno und Bolivien, das voll sei von Anhängern des „Sendero“ (eine kommunistische Guerilla­or­ga­ni­sa­tionAnm. d. Red.). Die sich beschwerten, seien nur einGrüppchen von Gewalttätigen“. Deshalb hat die Bevölkerung von Puno das Vertrauen ge­genüber den Regierenden verloren und setzt ihren unbegrenzten Streik fort. Und seit dem 17. Jänner tut sie dies auch in Lima. Dafür wurden große Kollekten veranstaltet. Und es gibt Unterstützung von verschiedenen Seiten, wie jene von den Studenten der Universität San Marcos. Von un­terschiedlichen Orten des Landes her kommen laufend tausende Menschen nach Lima zur Veranstaltung, die sie „Segunda marcha de los 4 suyosgenannt haben, in Erinnerung an jene, die man im Jahr 2000 gegen die Regierung des Diktators Fujimori veranstaltet hat.

 

Was haben diese schrecklichen Ereignisse mit unserem Glauben zu tun?

 

Unter vielen sind es zwei Dinge: Erstens, dass wir Staatsbürger alle, vor allem die Autoritäten, fähig sein sollen, die „Zeichen der Zeit“ zu lesen, wie es uns Jesus erklärt hat (Lukas 12, 54-57). Die ständigen Beschwerden und Märsche eines guten Teils der Bevölkerung, zeigen uns an, dass et­­was Schlechtes in unserem Land passiert, wofür wir verantwortlich sind. Die „Zeichen der Zeit“ lesen zu können, heißt, der Stimme des Volkes Ge­hör zu schenken, sein Schreien wahrzunehmen, sich mit seinen Bestrebungen zu solidarisieren. Es ist ein Nein zur Indifferenz angesichts der Un­gerechtigkeiten und der Beschwerden. An zweiter Stelle heißt es, ausgehend von unserem Glauben zu handeln, wenn wir Gläubige sind. Als gläu­­bige Männer und Frauen haben wir ein mächtiges Motiv zum Kampf für alle guten Dinge, mit einem Wort, zum Kämpfen für das Leben. Der Gott von Jesus ist der Gott des Lebens. Die historische Offenbarung, wie Gott handelt, zeigt sich beim Exodus (cfr.3). Vor dem andauernden At­ten­tat gegen das Leben des jüdischen Volkes von seiten des Pharao stellt sich Gott auf die Seite der Sklaven, nicht um sie zu trösten, sondern um ih­re Befreiung möglich zu machen mit ihrem Anführer Moses. Und mit diesem politischen Akt seiner Befreiung macht er es zu seinem Volk, im Sinn der Religion gesprochen, da das menschliche Wesen alles ist. Und Gott erscheint dann als ein Gott der Veränderung, der sozialen Umkehr, nicht des Status quo. Ein Gott der freien Männer und Frauen, der sich solidarisiert mit den Versklavten und Unterdrückten, damit sie ihre Freiheit er­langen. Er stimmt für sie. Gott ist nicht neutral. Gott ist ein politischer Gott.

 

Wie lautet die Antwort angesichts dieser Gegebenheit für uns als Christen und Bürger?

 

Etwas Fundamentales ist es, das persönliche und gemeinsame Prophetentum auszuüben, das für uns von der Taufe her kommt, in der jeder Getaufte zum Priester (zur Priesterin), Propheten (Prophetin) und König (Königin) geweiht ist – es sind Dienstämter von Jesus selbst. Prophezeihen heißt jetzt, das Massaker, zu dem es, unterstützt durch die derzeitige Regierung, an diversen Orten des Landes kam, anzuklagen. Prophezeihen heißt, uns an den Gott des Lebens zu wenden, dass er inmitten des Todes und der Zerrüttung uns ermutige, unser Leben und das Leben aller, vor allem der Ar­men, zu behüten und zu genießen. Das Prophetentum innerhalb der Kirche ist keine Option, sondern eine Verpflichtung vom Evangelium her. Und es ist das, worin man am meisten versagt, aus Furcht vor den Risken und Verfolgungen, unter denen Jesus selbst litt.

 

Welche Möglichkeiten eines Auswegs müssten sich finden?

 

Im Widerspruch zu den Tatsachen plant, ersucht und fordert die Regierung nach fortschreitender und unkontrollierter Unterdrückung einen na­tio­na­len Dialog, aber sie hält an der restriktiven Legislatur im Hinblick auf die bürgerlichen Freiheiten fest. Das heißt einen Kuss geben, aber mit der Peit­sche in der Hand. Sie bittet um Entschuldigung und gleich darauf missachtet sie die Demonstrierenden und droht ihnen. Sie ruft auch aus­ge­wähl­te Persönlichkeiten zusammen, diesen Dialog zu moderieren, auch von der Kirche. Ich bedaure, dass dies ein gescheiterter Versuch ist, denn es ist alles bereits verbraucht. Boluarte wurde von der politisch Ultrarechten kooptiert, daher gibt es keine Möglichkeit für irgendeinen merkbaren Wech­sel, den die Bevölkerung verlangt. Der Politologe Alberto Vergara bekräftigte schließlich folgendes: „dass es klar sein muss, dass eine Präsi­den­tin, die für so viele Tote verantwortlich ist, nicht straflos bleiben kann“. Andere geachtete Persönlichkeiten denken ebenso. Ich stimme mit ih­nen überein, dass der dringend nötige Ausweg darin besteht, dass sie von der Präsidentschaft zurücktritt und dafür sorgt, dass der Kongress sich selbst auflöst, um die allgemeinen Wahlen im Jahre 2023 durchzuführen. Es geht darum, sie zu beraten, dass sie diese Geste des Rücktritts voll­zie­hen soll, diesen nötigen Bruch, in Gedanken an die Zukunft von Perú. Wie Vergara sagt, wird dies nicht die ganze Lösung sein, aber sehr wohl der erste Schritt, der ein wenig die derzeitige soziale Verwirrung beruhigen wird. Die Zeit für Worte ist vorbei. Jetzt kann nur eine Geste die extreme Si­tuation entlasten. Und was uns betrifft, ist es unsere Aufgabe, weiterhin bei allen Gelegenheiten zu verkünden, dass die Politik nicht schlecht ist und wir sie ausüben müssen, dass dies das Recht und die Pflicht der gesamten Bevölkerung ist. Wie Papst Franziskus bekräftigte: „Die Politik, so sehr angeschwärzt, ist eine der kostbarsten Formen der Liebe, da sie das gemeinsame Wohl sucht.“ (Evangelii gaudium 205). Es ist interessant fest­­zustellen, dass die Demonstranten derzeit nicht ökonomische Ansprüche stellen, sondern politische. Es zeigt sich hier ein qualitativer Sprung: „Wir wollen Subjekte unseres Schicksals sein, wie uns so oft der peruanische Theologe Gustavo Gutiérrez in Erinnerung rief. Der Titel seines zwei­ten Buches „Die historische Kraft der Armen“ kondensiert meisterhaft das, was wir als PeruanerInnen in dieser letzten Zeit erleben. Es kommt uns auch zu, uns solidarisch zu zeigen mit Hilfe kleiner Gesten, mit viel Vorstellungskraft und Kreativität, um die schweren Wunden zu heilen, um mit psychologischen Mitteln den erlittenen traumatischen Schock zu mildern, den Hunger zu stillen, die verfolgten Anführer zu verteidigen und die gerechten Forderungen weiterhin zu unterstützen. Wir wollen weitermachen ohne den Mut zu verlieren. Und, wie Papst Franziskus sagte: „Wir las­sen uns die Hoffnung nicht rauben.“

 

Übersetzung: Elsa Wolfbauer

 

 

 

BRASILIEN IN KRISE

 

Jussuf Windischer sprach mit Amadeu A. Bonato  

 

Jussuf Windischer: Wir lebten in den 80ger Jahren, am Ende der Militärdiktatur, an der Peripherie von Curitiba (Paraná). Wir arbeiteten mit den kirchlichen Basisgemeinden, mit Volksbewegungen, in Zeiten einer starken Gewerkschafts- und Genossenschaftsbewegung, in der Gründerzeit der PT (Arbeiterpartei). In all den letzten Jahrzehnten engagiert in den Basisbewegungen, sind Hoffnungen enttäuscht worden?

 

Amadeu Bonato: Wenn man das Leben und die Geschichte als Prozess versteht, der sich niemals linear entwickelt, enttäuscht die Hoff­nung nie­mals. Die Basisgemeinden und die Bewegungen in der Pastoralarbeit spielten in den 70er und 80er Jahren bis zum Beginn der 90er Jahre eine ge­wichtige Rolle. Die Befreiungstheologie in der Zeit nach dem Vaticanum II, gestärkt durch die Lateinamerikanischen Bischofskonferenzen vom Me­dellin und Puebla, auch wenn meist eine Minderheitenkonzeption innerhalb der Kirche  Lateinamerikas und Brasiliens, gab einen fantastischen Im­puls in der Organisation von Basisgemeinden und in den Aufgabenstellungen für pastorale Arbeiten (insbesondere Landarbeiterpastoral/CPT, Ar­beiterpastoral/CPO, Jugendpastoral/PJ und der Indigenenpastoral/CIMI). Diese Art Kirche zu sein und Glauben zu leben, zutiefst verbunden mit der Realität der verarmten Bevölkerung, beeinflusste die Gesellschaft, die lateinamerikanische und brasilianische Politik. Dies war wesentlich für die Reorganisation der Zivilgesellschaft (Bewegungen, NGOs, Gewerkschaften, Genossenschaften, politische Parteien) und die Überwindung von Dik­taturen, um eine Demokratie und die soziale Inklusion der Armen und der Arbeiterklasse wiederherzustellen. Zum Ende des 20. Jahrhunderts ge­schah meiner Meinung nach ein zweifacher Prozess: einerseits erstarkte die Autonomie der sozialen Organisationen, andererseits geschah ein Rück­schritt in der Lehre der katholischen Kirche, außerdem erstarkten die konservativen Pfingstkirchen. Die führenden Laien der Be­frei­ungs­theo­lo­gie, auch die Gläubigen mit befreiungstheologischem Hintergrund, gingen dazu über, ihre Aktivitäten in sozialen Bewegungen und Organi­sa­tio­nen zu verwirklichen und nicht mehr in der Kirche. Der Handlungsspielraum der Basisgemeinden und der Pastoralarbeiten ging in großem Ausmaße zu­rück Sie schafften es nicht, neue Wege zu erfinden oder aufzuzeigen. Seit 2003, unter der Regierung Lula (2003 – 2008) und Dilma (2010 – 2015) wurden die Aktionen der sozialen Einbindung, des Kamp­fes gegen Armut und Hunger und der sozialen Teilhabe bzw. Teilnahme durch Re­gierungsorgane vorangetrieben. Und dies geschah mit der Unterstützung von sozialen Organisationen. Viele Christen, aktiv in der Be­frei­ungs­theo­logie, wurden eingeladen, in Regierungsteams mitzumachen und die Kirche fiel zum großen Teil in die Hände von Konservativen (Ordensleute und Laien). Mit der politischen Machtübernahme der Rechten (Putsch gegen die Regierung Dilma und in der Folge die Wahl von Bolsonaro) be­wirkte im Rest der befreiungstheologischen Kir­che und der sozialen Bewegungen eine lange Zeit eine Lähmung, eine Schockstarre. Mit der Un­terstützungsbewegung für den gefangenen Lula und insbesondere zu Be­ginn des Wahlkampfes 2022 und der Neuwahl von Lula zum Prä­si­den­ten, kam wieder  Hoffnung auf, gekennzeichnet durch eine breite Bündnispolitik, in welcher die aktiven Befreiungstheologen Platz hatten, allerdings we­niger als früher. Dies müsste und könnte eine neue Art von sozialer und auch kirchlicher Organisationen bedeuten. Es gibt wieder eine Hoffnung mit der Regierung Lula und, ich glaube, die Hoffnung auf eine Neuerfindung des sozialen und auch des kirchlichen Seins.

 

J.W.: Unter den Regierungen Lula und Dilma verbesserte sich die Situation der Bevölkerung durch verschiedenste Aktionen. Während die Armen sich daran erfreuten, hatten die Mittelklasse und die Reichen immer mehr Angst. Haben die Regierungen Lula und Dilma Fehler gemacht? Warum ver­lor Dilma das Vertrauen des Volkes?

 

A.B.: Es gibt eine rückwärtsgewandte und reaktionäre Bourgeoisie, welche sich in der Regierung Bolsonaro in einer rechtsextremen, faschistischen und nationalsozialistischen Art äußerte. Diese hasst Inklusion, verabscheut auch die sozialpolitische und ökonomische Entwicklung der Arbeiter­klas­se und der Armen, weil die Bourgeoisie in der Folge ein wenig abhängig sein könnte. In den Regierungen Lula und Dilma gab es einen Prozess der Inklusion und eine Verbesserung, einmalig in der Geschichte, trotz mancher Unvollkommenheiten. Dies wollte die Bourgeoisie nicht zulassen und mit Hilfe der Medien und der sozialen Netzwerke wurden Diffamierungen und Lügen verbreitet, sie täuschten so einen Großteil der Be­völ­ke­rung und hetzten gegen Dilma (das Resultat war der Putsch von 2015/16) und gegen Lula (das Resultat war seine Gefangennahme 2018/19). Es ist klar, auch die demokratischen Volksregierungen haben ihre Fehler gemacht, z. B. in puncto Steuerpolitik, Agrarreform, auch in Umwelt­pro­gram­men hätten sie mutiger sein können als sie waren. Ich glaube, es fehlte auch die politische Unterstützung der Organisationen der Zivilgesellschaft (Ge­werk­schaften, Genossenschaften, NGOs).

 

J.W.: Lula da Silva kam ins Gefängnis, hat er Fehler gemacht? Verbrechen? Oder war es ein politisches Spiel?

 

A.B.: Die Gefangennahme von Präsident Lula war im Wesen politisch motiviert. Keine Regierung hat so viele Instrumente neu eingeführt, um die Kor­ruption zu bekämpfen wie die Regierungen Lula und Dilma. Klar, es kann Fehler in verschiedensten Regierungsorganen gegeben haben: Per­so­nen, die bevorteilt wurden, sie wurden auch diesbezüglich verurteilt. Was Lula betrifft, konnte keine Irregularität festgestellt werden. Es ist er­wiesen, Vorwürfe bezüglich Guarujá und Sítio Atibaia lösten sich in Rauch auf, es gab keinerlei juridische Begründung, um Lula vor der öf­fent­li­chen Meinung als Kriminellen (Räuber) zu verleumden. Der Richter Sergio Moro erfüllte die Aufgabe der extremen Rechten: Man musste Lula aus dem Wahlkampf 2018 entfernen. Was sie nicht beachteten, dass die Gefangennahme von Lula eine Dauerdemonstration vor dem Polizei­ge­fäng­nis von 580 Tagen bewirkte und diese wurde zu einem wichtigen Instrument, um Volksbewegungen wieder aufzunehmen, welche für die Wie­derwahl von Lula 2022 wichtig waren.

 

J.W.: Die Pfingstkirchen wurden zur stärksten religiösen Kraft des Landes, stärker als die katholische oder evangelische Kirche. Warum wuchsen die Freikirchen in diesem Ausmaße?

 

A.B.: In der Tat, die Freikirchen be­­­kamen immer größeren Einfluss in der Bevölkerung, mehr als die katholischen und evangelischen Kir­chen. Nach meiner Einschätzung gibt es dafür verschiedene Ursa­chen. Erstens: Freikirchen wirken mas­­­siv unter den Armen, die sie mit einer „Mystik“, eigentlich einer Illusion fesseln, in welcher Lö­sungen für das tägliche Leben angeboten werden (ohne die Ursa­chen der Probleme und deren Über­­­windung zu bedenken). Ein Großteil der Armen unterwarf sich dieser Logik. Zweitens: die Pasto­ren haben in diesen Kirchen eine Autorität, die über das Religiöse hi­naus­geht, sie bestimmen Gedan­ken­welt und Leben ihrer Gemein­demitglieder. Was sie sagen, ist Dog­ma und wird nicht hinterfragt. Der Großteil dieser Autoritäten ist konservativ und rechts, zudem wissen sie, dass öffentliche Hilfe ihnen ihr Publikum wegnehmen könnte. Drittens: Um ihren Konser­vati­vis­mus zu bewahren, gingen sie dazu über, in Sektoren von großem sozialem Einfluss (Sportvereine, Be­rufsverbände von Rechtsanwälten, weitere liberalen Berufssektoren) zu wirken. Sie agieren mit und bei politischen Entscheidungsträgern, ob­wohl sie von sich selber sagen, nicht politisch zu sein. So gibt es z. B. im Parlament eine eigene evangelikale Fraktion, auch in den Re­gie­rungen (Bolsonaro ist ein diesbezüglich besonders starkes Bei­spiel), aber auch im Rechtssystem. Der charismatische Flügel der katholischen Kirche näherte sich dieser Vision, nur dass er nicht mit den Armen agierte. Im Großen und Gan­zen hat sich die katholische Kir­che ins Religiöse zurückgezogen.

 

J.W.: Mehr als 50 Jahre Engage­ment und Kampf, in der Basisarbeit, gewidmet einer sozialistischen Vi­sion. Tausende Kilometer im Omni­bus durch ganz Brasilien gefahren, hunderte von Versammlungen von Arbeitern, Bauern, Gewerkschaf­tern und Aktivisten von Volksbewe­gun­gen begleitet. Unterm Strich: was war positiv? Welche Selbst­kri­tik braucht es?

 

A.B.: Dieses Engagement, dieser Kampf ist nicht individuell, sondern es ist der Kampf und die Aktion eines wachsenden Kollektivs, verbunden mit einer befreienden Kir­che, mit Parteien der Linken und ih­ren eigenen sozialen Organisatio­nen. All diese Jahre sind Teil eines Pro­zesses und auch ein wichtiger Mo­ment in der Sozialgeschichte Bra­siliens. Die Geschichte entfaltet sich, aber die geschichtlichen Er­fah­rungen tragen dazu bei, da­mit Neues aufgebaut werden kann. Die Älteren können noch viel beitragen, aber es ist notwendig, die aktuelle Ju­gend aufzumuntern, damit sie die Protagonisten eines neuen historischen Prozesses werden. Ich glaube, dass dies schon angefangen hat – z. B.: Paraná wählte 2 jun­ge Ab­ge­ord­ne­te: einen Schwarzen aus der Peripherie und einen jungen Studenten der Jugendpastoral. Das soll sich in Brasilien wiederholen. Es ist ein Zeichen der Zeit, das nicht nur beobachtet, sondern vor allem unterstützt und bestärkt werden muss. Vor 30 Jahren glaubten wir, dass wir den Sozialismus in Brasilien in naher Zukunft realisieren können. Wir haben uns ge­täuscht, wir haben die Macht des Kapitalismus und der Bourgeoisie unterschätzt. Aber wir hatten Er­folg, indem wir einem großen Teil der Bevölkerung ermöglichten, aus dem Elend auszusteigen, Hunger und Elendsdasein („Lum­penda­sein“) zu überwinden. Aber das, was gemacht wurde, ist noch sehr we­nig in Anbetracht einer Ge­sell­schaft, die gerechter, ge­schwa­ster­licher und egalitärer gestaltet werden sollte. Diese Hoffnung auf eine dauerhafte Neuerung hält uns lebendig und aktiv im Kampf.

 

J.W.: Der Putschversuch der Bol­so­naro-Anhänger vom 8. 1. 2023, bei dem die demokratischen Ins­ti­tu­tionen (Präsidentschaft, Kon­gress, Justiz) attackiert wurden, ähn­lich dem Beispiel der Trum­pisten in Washington, hat die demokratische Welt zutiefst erschüttert. Warum konnte das pas­sie­ren? Was sind die Folgen?

 

A.B.: Es braucht eine neue Ein­schätzung der Rechten, sie agiert an­ders als vor 10 Jahren. Früher han­delte die Rechte mittels der Macht des Geldes, mittels der Kon­trolle der Medien und der In­sti­tu­tionen. Jetzt handelt die Rechte, bzw. die extreme Rechte, die noch immer Geld hat, indem sie zwar noch immer einen Teil der Medien kontrolliert, allerdings weniger als früher, und auch einige Institu­tio­nen (z. B. einen Teil des Militärs). Sie zählt mit einer sehr engagierten und aktiven Mitgliedschaft, was frü­her das exklusive Vorrecht der Lin­ken war. Diese extreme Rechte ist aktiv, voller Hass, gewalttätig und kommt aus der mittleren und oberen Klasse. Sie agiert intensiv in den sozialen Medien, arbeitet mit der ärmsten Völkerschicht zu­sammen mittels Lügen bzw. Illusionen und mobilisiert die Masse. Der Putsch gegen Dilma (Absetzung der Präsidentin durch den damaligen Vi­zepräsidenten in Absprache mit dem Militär im April 2016. – Anm. d. Red.) ist das Vorbild für Bol­sonaro. Trotz alledem verhinderte die Linke in einer gut organisierten Strategie in einem breiten Bündnis den Nazifaschismus bei den Wahlen 2022. Sie konnte aber nicht Schluss machen mit der Or­ga­nisation, den gewalttätigen Hand­­­­lungsformen der extremen Rechten. Die Besetzung von Brasi­lia am 8. 1. 23 war der Ausdruck die­ser real exi­stierenden Gewalt, der die Blockade der Straßen, auch die Besetzungen vor den Militär­quar­tieren, vorausgegangen ist. Sie versuchten ver­zwei­felt, Lula aus dem Amt zu vertreiben, sie sind gescheitert aufgrund des klugen und gut artikulierten Funktionierens von verschiedenen föderalen In­stitutio­nen, aber die extreme Rechte wur­de nicht eliminiert. Zurzeit stehen Aktivisten der extremen Rechten un­ter Anklage, aber die derzeitige Re­­gierung arbeitet sicher weiter. Die extreme Rechte hat eine intelligente Führungsschicht, die im Land von innenaber auch von außenpolitisch agiert. Sie agiert in­ternational, das darf nicht unterschätzt werden. Die Linke muss lernen und sich auf eine neue Realität vorbereiten. Die Kampf­formen von früher genügen nicht mehr, sie müs­sen auch neu erfunden werden, und ich glaube, sie werden neu erfunden.

 

J.W.: Hat Lula, Sozialismus, Be­frei­ungstheologie Zukunft? Was sind die Hoffnungen und Visionen?

 

A.B.: Anschließend an das vorher Gesagte, die Regierung der „demo­cracia popular“ hat Zukunft – ganz sicher. Aber es gibt offene Fra­gen. Es braucht die Erweiterung der Bündnisse, ohne demokratische Prin­zipien, ohne die Option für die Ärmsten und Ausgeschlossenen auf­­zugeben. Es braucht ein großes Bündnis, um den Zusammenhalt zwi­schen armer Bevölkerung und Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten. Dazu ist es notwendig, dass man politische Maßnahmen zugunsten einer sozialen, kulturellen und ökonomischen Inklusion in einem kurzen Zeitraum ermöglicht. Es braucht langfristige Rechtsgarantie, es braucht eine starke soziale Or­ga­ni­sation, politisch und aktiv, nicht nur den Pragmatismus mit einer kurz­fristigen Vision. Es braucht einen Protagonismus im Aufbau einer internationalen Arti­ku­lation für die Demokratie, gegen Impe­ria­lis­mus, für den Frieden, ge­gen den Krieg, für die Eliminierung von Hun­ger, zudem Zugang zu al­len fun­­damentalen Menschenrech­ten. Die Kirche, die Basisgemein­den, die Pastoralarbeit und die Theo­logie der Befreiung werden mit Sicherheit nicht zu den Anfüh­rern gehören wie in den 1970er und 80er- Jahren, aber sie könnten eine strategische Aufgabe übernehmen im Prozess einer Wie­der­umkehr, in einer neuen Organisa­tion und neuen Artikulierung, auch in den Sek­toren der eigenen Ki­r­che. In Bra­­silien zeigt es sich, dass diese Auf­gaben von einigen Prie­stern, vor allem Pastoralarbeitern und manchmal auch in wichtigen Posi­tio­nierungen von einige Bi­schö­fen innerhalb der Bischofs­kon­ferenz (CNBB) wahrgenommen werden. Das zeigt, dass es noch Le­ben und Hoffnung in der Kirche Je­su Christi gibt. Ich glaube, dass Papst Fran­zis­kus auf internationaler Ebene ein neues Zeitalter be­deuten könnte, ein Zeitalter der Hoffnung auf eine Kirche auf Seiten des Vol­kes, auf Seiten der Armen und Un­ter­drück­ten. Die vorhergehenden Päpste (Jo­­hannes Paul II. und Be­ne­­dikt XVI.) bewirkten einen Rück­zug bzw. Rückschritt der Kirche in das eigene Innere und provozierten hiermit, dass sich der Konser­va­tis­mus in der Kirche ausbreitete. Papst Fran­zis­kus stärkt die Option für eine die­nende und missionarische Kirche auf Seiten des Volkes. Hiermit wird eine Kirche einer Be­freiungs­theo­lo­gie widerstandsfähiger und hat den Samen von Hoff­nung, der schon an­gefangen hat aufzugehen.

 

Amadeu Antonio Bonato (geb. 26. 11. 1952 in Guarapuava, Paraná, Brasilien). Bildungsarbeiter und -wissenschafter. Stu­dium der Philosophie (1973) und Theo­logie (1977), Priesterweihe (1977), Arbeit im Erzbischöflichen Pastoralamt (1978) und in kirchlichen Basisgemein­den der Vila Sao Pedro – Xaxim  (1978/79). 1980 Verlassen des Priester­amtes. 2 Jahre als Industriearbeiter. 1983 - 85 arbeitete er im CECOMA (Ge­nos­senschaftswesen der Basisgemein­den) und im CEFURIA (Ausbildungs­zen­trum). 1986 - 1989 im ESMA (Ge­werk­schaftsschule, in der Ausbildung von Gewerkschaftsführern und Füh­rungs­kräf­ten). 1990 - 2018 im DESER (Zen­trum von sozioökonomischen Stu­dien der Landwirtschaft, Bildungs­re­ferent für Gewerkschaft, Genos­sen­schaft, Po­litik und Produk­tions­stät­ten). Seit 2018 in Pension, in ehrenamtlichen Diensten für Landarbeiterorga­nisatio­nen und die Kleinbauernschaft.

 

Jussuf Windischer und seine Frau Vro­ni lebten von 1978 -1980 mit Amadeu Bonato im Randviertel/Vila Sao Pedro (mit ca. 100.000 Bewohnern) in Curitiba (ca. 1,5 Millionen Einwohnern) in Para­na. Amadeu war Priester und Industrie­arbeiter. Sie begleiteten gemeinsam 12 Basisgemeinden, u. a. insbesondere den Auf­bau eines Genos­sen­schafts- und Gewerkschafs­we­sens, Me­­­tall­ar­bei­ter­streiks so­wie diverse Volks­­be­we­gun­­gen/Bür­gerIn­nen­ini­tia­ti­ven (associacoes dos bairros).