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KIRCHEN-ZEITUNG der DIÖZESE LINZ
Todesfall
Er galt als
"Schwarzes Schaf" unter Frankreichs Bischöfen: Johannes Paul II.
entzog Jacques Gaillot in den 1990ern die Leitung seiner Diözese. Mit Papst
Franziskus gab es später Versöhnungsschritte.
13.04.2023 - kathpress / Alexander Brüggemann / ame
In den streitbaren 1980er Jahren war Jacques Gaillot das
"Enfant terrible" der französischen Bischöfe - bis es Papst Johannes
Paul II. (1978-2005) zu bunt wurde. Nach seiner Amtsenthebung als Bischof von Evreux im Jänner 1995 zog Gaillot ins damals noch junge
Internet um, wo sich in seiner "virtuellen Diözese" andere linke
Dissidenten sammelten. Nun ist Gaillot am 12. April im Alter von 87 Jahren an
den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.
Als Jacques Gaillot 1995 in Evreux seinen Abschiedsgottesdienst feierte, war die Stadt
in der Normandie im Ausnahmezustand. Mit 300 Bussen und drei Sonderzügen
reisten Menschen an, die ihn ihre Solidarität bekunden wollten.
Das "Schwarze
Schaf" unter den französischen Bischöfen hatte in den Augen des Vatikan mit notorischer Unbotmäßigkeit zu oft die
Grenzen überschritten. Der amtsenthobene Bischof von Evreux war künftig nur noch Titularbischof einer im fünften
Jahrhundert untergegangenen Diözese: Partenia im
heutigen Algerien.
Die ungewohnte, harte und -
nach Einschätzung des deutschen Kirchenrechtlers Norbert Lüdecke - rechtlich
zumindest fragwürdige Maßnahme löste Proteste im In- und Ausland aus. Gaillot
warnte damals vor einer "Kirche des Ausschließens" und plädierte für
eine "Kirche der Ausgeschlossenen". Bei aller Kritik am Vatikan aber
wandte sich der umstrittene Bischof gegen eine Abkehr von der Kirche.
"Geben wir ihr eine Zukunft, jeder auf seine Weise", sagte er in
seiner Abschiedspredigt.
Der aus der Champagne
stammende Gaillot war nach Studien in Frankreich und Rom 1961 zum Priester
geweiht worden und war unter anderem als Dozent am Priesterseminar in Reims und Gemeindepfarrer sowie in der Priesterausbildung
in Paris tätig. 1977 wurde er zum Generalvikar der Diözese Langres
berufen und 1982 zum Bischof von Evreux ernannt.
Schon lange vor der späteren
Amtsenthebung hatte es Reibereien zwischen Gaillot und seinen Mitbrüdern
gegeben. Der kleingewachsene und schmächtige Mann mit der Metallbrille eckte in
den 1980er Jahren regelmäßig mit TV-Auftritten an, als er den Zölibat oder die
Haltung der Kirche zu Homosexualität, Aids oder zu
Frankreichs nuklearer Abschreckung kritisierte.
Im Interview des
Männermagazins "Lui" nannte er Geschlechtsverkehr "großartig und
schön". Und in einem Beitrag für eine französische
Homosexuellen-Zeitschrift schrieb er: "Homosexuelle werden uns im Himmel
vorausgehen."
Nach seiner Amtsenthebung
blieb Gaillot im Ruf eines "Bischofs der Ausgeschlossenen". Viele
seiner Bücher wurden auch ins Deutsche übersetzt. In Frankreich kämpfte er für
die Rechte von Arbeitslosen, Obdachlosen, Häftlingen und illegalen Ausländern.
Gelegentlich wurde er als Vermittler angerufen, etwa wenn "Illegale"
mit den Behörden über Bleiberechte stritten. Aufsehen erregte auch eine
Irak-Reise kurz vor Beginn des Krieges im März 2004.
2000 kam es zwar zu Gesten
der Versöhnung mit dem damaligen Vorsitzenden der Französischen Bischofskonferenz,
Kardinal Louis-Marie Bille (1938-2002). Doch außer der Versicherung, Brüder zu
bleiben und in der Kirche geeint zu sein, folgten daraus kaum praktische
Konsequenzen. In Kirchenkreisen hieß es, Gaillot habe bald danach abermals
seine Mitbrüder mit unfreundlichen Bemerkungen verärgert.
Einer breiteren
Öffentlichkeit blieb Gaillot vor allem im Internet präsent. Er gründete die
"erste virtuelle Diözese", die unter www.partenia.org ein Jahr
nach seiner Amtsenthebung zunächst in französischer Sprache, später unter
anderem auch auf Deutsch online ging. Nach eineinhalb Jahrzehnten zog sich
Gaillot 2010 auch dort zurück.
Seitdem wurde es eher ruhig
um ihn - und fast wäre er wohl schon ein Fall für die Kirchenhistoriker
geworden, hätte ihn nicht 2015 Papst Franziskus in einer spektakulären Geste
ins Bewusstsein zurückgeholt. Er empfing den fast gleichaltrigen Gaillot kurz
vor dessen 80. Geburtstag zu einem 45-minütigen "privaten Gespräch"
im Vatikan. Ein Vertrauter Gaillots sprach anschließend von einem "Treffen
von Gleichgesinnten".
Mit Blick auf die Segnung von
wiederverheirateten Geschiedenen oder homosexuellen Paaren habe der Papst
gelächelt und gesagt: "Der Segen Gottes ist für alle da." Und zur
Sorge für Flüchtlinge und Migranten, eine der zentralen Aufgaben Gaillots seit
seiner Absetzung, habe Franziskus betont:
"Die Migranten waren und sind immer das 'Fleisch' der Kirche."
13. 3. 23
KATHOLIKEN
Vor zehn Jahren wurde Kardinal Jorge Bergoglio, damals
Jesuiten-Erzbischof von Buenos Aires, nach dem Rücktritt von Papst Benedikt
XVI. zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt. Immer wieder sorgt
er mit seinen Äußerungen für Aufsehen.
Zuletzt hatte er gegenüber dem argentinischen Nachrichtenportal Infobae daran erinnert, dass in der katholischen Ostkirche
verheiratete Männer als Priester erlaubt seien. „Es liegt kein Widerspruch
darin, dass ein Priester heiraten kann“, sagte der 86-Jährige. Auf die Frage,
ob das Zölibat also revidierbar sei, antwortete Franziskus mit Ja. Er erklärte,
dass das Zölibat in der westlichen Kirche eine „zeitliche Vorschrift“ sei und
damit „provisorisch“ – im Gegensatz etwa zur Priesterweihe „für immer“.
Als erstes zeigte sich das in seinem Umgangsstil. Schon unmittelbar nach seiner Wahl, in der Sixtinischen Kapelle. Nur in Weiß gekleidet, ohne den roten Schulterumhang der Mozetta, kam er aus dem Raum, in dem der zum Papst gewählte Kardinal sich umkleidet, zurück in die Sixtina. Anstatt gleich auf einem weißen Stuhl vor dem Altar sitzend die Glückwünsche der Kardinäle entgegenzunehmen, ging der Neue zuerst hinunter zu dem im Rollstuhl sitzenden indischen Kardinal Ivan Dias und umarmte ihn.
Der
Papst aus Argentinien ist ein Mann der Gesten. Ob er sich auf der Loggia des
Petersdoms verbeugt, um ein Segensgebet der Gläubigen entgegenzunehmen, ob er
einen durch Krankheit entstellten Mann umarmt oder den Anführern
südsudanesischer Bürgerkriegsparteien die Füße küsst, um sie um Frieden zu
bitten. Unvergessen seine Andacht zu Beginn der Pandemie mit dem erstmals
überhaupt sakramental erteilten Segen „Urbi et orbi“ am 27. März 2020 auf dem
dunklen, verregneten, völlig leeren Petersplatz.
Allein
seine Namenswahl war ein Zeichen. Etliche Kardinäle waren glücklich, versprach
der Name doch ein Reformprogramm, das sich viele erhofften. Anderen schwante
Böses: „Das wird ein Desaster!“, soll noch in der Sixtina der slowenische
Kardinal Franc Rode dem US-Amerikaner William Levada zugeraunt
haben.
Franz
von Assisi stand für Armut, Friedensdiplomatie und Liebe zur Schöpfung. Themen,
die das Pontifikat Bergoglios seither prägen. Als Anwalt von Menschen am Rande,
als Friedensdiplomat und Mahner für ökologische und soziale Nachhaltigkeit hat
sich Franziskus immer wieder eingemischt. Mit unterschiedlichem Erfolg – ob in
Zentralafrika, Myanmar, Südsudan, im Ukraine-Krieg oder in Pandemie und
Klimakrise. Stärker als seine Vorgänger setzt er dabei auf die interreligiöse
Zusammenarbeit.
Insgesamt
brachte der Argentinier neuen Wind und neues Denken in das von mediterraner
Mentalität und manch höfischen Mustern geprägte Zentrum der Kirche. Das zeigt
sich auch an seinen Reisezielen und Kardinalsernennungen mit Namen und Ländern,
die es kaum in den medialen Mainstream Nordamerikas oder Europas schaffen.
Die
erste Reise unternahm Franziskus 2013 auf die italienische Insel Lampedusa,
sowohl um für die ertrunkenen Migranten zu beten als auch für die Menschen, die
die Flucht überlebten. Um die Welt besser zu verstehen, müsse man sie von den
Rändern her sehen, mahnte er wiederholt.
Aber
während Franziskus in etliche Bereiche Bewegung bringt und für Umbrüche sorgt,
bleibt er in anderen Fragen traditionell, beharrend, drängt auf Vertiefung.
„Franziskus ist nicht liberal, er ist radikal“, sagte Kardinal Walter Kasper
einmal mit Blick auf enttäuschte Reformerwartungen seiner Landsleute. Besonders
deutlich ist das bei Franziskus’ Mammut-Projekt für mehr katholische Synodalität.
Einerseits
hat er die punktuellen Versammlungen der Bischofssynode zu einem
längerfristigen Projekt mit Laienbeteiligung ausgeweitet. Doch während andere Reformer – nicht nur im deutschsprachigen
Raum – auf konkrete Entscheidungen etwa in Sachen weiblicher Weiheämter,
Pflichtzölibat oder Demokratisierung drängen, geht es Franziskus zunächst um
einen anderen Umgangsstil in der Kirche. Welche konkreten Schritte daraus
erwachsen und wann diese umzusetzen wären, kann sich für ihn erst später
zeigen.
Und
während er manche Entscheidungskompetenz aus dem Vatikan den Ortsbischöfen
zurückgibt, behält er vieles andere sich selbst vor. Was sich auch bei seiner
Kurienreform zeigt. Beraten von einem externen Kardinalsrat, unter teils frappanter
Umgehung der Kurie reformiert Franziskus die Zentralverwaltung der Weltkirche –
schritt- und teils auch probeweise. Den Gesamtentwurf der im April 2013
angekündigten Kurienreform gab es erst im März 2022.
Dass Reform für Franziskus in Kopf und Herz beginnt – und
weniger mit Strukturen und Paragrafen, machte er in berüchtigten
Weihnachtsansprachen an die Kurie deutlich. Wenn er von kurialen Lähmungen,
Schizophrenie und Alzheimer sprach, wurde klar, wie er bisher vom anderen Ende
der Welt den Vatikan wahrgenommen hatte. Allerdings haben in seiner Amtszeit
Tempo, Transparenz und Kooperationsfähigkeit der Kurie sich noch nicht sehr
viel verbessert. Das zeigt sich trotz eines großangelegten
Anti-Missbrauchsgipfels 2019 und daraus folgender Maßnahmen auch bei diesem
Thema.
Wichtigste Aufgabe des Mannes aus dem Stuhl des Petrus ist es,
die Einheit der Weltkirche zu wahren. Zwar gab es auch unter Johannes Paul II.
(1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) Proteste und Kritik. Doch kein Papst
brachte so viel Unruhe wie Franziskus. Was für ihn nicht negativ ist.
„Fate chiasso!"
Macht Lärm!“, forderte er des Öfteren, wenn er zu jungen Menschen sprach. Nach
zehn Jahren ist klar, wie sehr der Kardinal aus Chile Recht behalten hat: Die
katholische Kirche unter Franziskus ist nicht mehr die gleiche.
red, religion.ORF.at/KAP
22.12
Evangelischer Pressedienst, 22.12.2022
Früherer reformierter
Landessuperintendent Peter Karner verstorben
Hennefeld: „Politisch denkender Mensch und mitreißender
Prediger“ – Chalupka: „Hat Helvetisches Bekenntnis
zutiefst österreichisch eingefärbt“ – Krömer: „Verdienste um das eigenständige
Profil der reformierten Kirche“
Wien (epdÖ) – Im Alter von 85 Jahren ist in der Nacht auf den 21. Dezember in Wien der langjährige frühere Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich, Peter Karner, verstorben. Karner war fast 39 Jahre Pfarrer der Evangelischen Pfarrgemeinde H.B. Wien-Innere Stadt in der Dorotheergasse und 18 Jahre Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich. Neben seiner Aufgabe als Pfarrer und Landessuperintendent gestaltete Karner Sendungen in Radio und Fernsehen und war auch Mitglied des Publikumsrates im ORF. Als Autor und Herausgeber war Karner in vielfältiger Weise publizistisch tätig.
“Hat die evangelisch-reformierte Kirche in Österreich
stark geprägt” - Der frühere Landessuperintendent, Pfarrer und Autor Peter
Karner auf einem Archivbild von 2002. (Foto: epd/Uschmann)
Hennefeld: Profilierte
H.B.-Politik
„Er war ein mitreißender Prediger und Geschichtenerzähler mit kabarettistischem Talent, ein streitbarer Kirchenmann, der die Interessen seiner reformierten Kirche konsequent verfolgte und ein politisch denkender Mensch, der nicht davor zurück schreckte, auch gegen den Strom zu schwimmen oder auch Skandale zu provozieren“, sagt der amtierende reformierte Landessuperintendent, Thomas Hennefeld, in einer ersten Reaktion. „Peter Karner nahm sich kein Blatt vor den Mund und machte sich den Grundsatz zu eigen, den Leuten nicht nach dem Mund zu reden aber aufs Maul zu schauen, mit der Zeit zu gehen ohne dem Zeitgeist zu verfallen“, so Hennefeld weiter. „Mit Witz und Geist“ habe Karner es verstanden, alte biblische Texte für die Gegenwart sprechen zu lassen. „Er war nicht zuletzt ein Wiener Original mit Wiener Charme und Schmäh.“ Mit Peter Karners Tod gehe „eine Ära zu Ende, in der die Nachkriegsgeneration engagiert im Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Frieden in Europa einstand und unter dem Motto ‚für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung‘ Geschichte geschrieben hat“, erklärt der Landessuperintendent. Peter Karner habe die Evangelische Kirche helvetischen Bekenntnisses stark geprägt. Hennefeld: „Seit er im Dienst der Kirche stand, betrieb er eine profilierte H.B.-Politik aus dem Geist der reformierten Tradition auf allen Ebenen und in allen kirchlichen Vertretungskörpern.“
Chalupka: Hat reformierter Kirche unverwechselbaren Platz
gegeben
Peter Karner sei es gelungen, „das Helvetische Bekenntnis zutiefst österreichisch einzufärben und es als eigenständige sprachliche und theologische Denkweise zu etablieren“, betont der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka, der auch Vorsitzender des gemeinsamen Oberkirchenrates A.u.H.B. ist. Dabei habe Karner das Helvetische Bekenntnis „gedanklich und durch seine kirchliche Streitbarkeit“ ins Wienerische übertragen. Seine Streitbarkeit habe er positiv einsetzen können für Anliegen seiner Kirche ebenso wie im Politischen. Der reformierten Kirche habe Peter Karner „einen unverwechselbaren Platz innerhalb der protestantischen Familie, aber auch in der österreichischen Öffentlichkeit gegeben, hinter den man nicht zurück kann“, ist Chalupka überzeugt.
Krömer: Trotz aller
Diskussionen stets das Gemeinsame gesucht
Karners Verdienste um ein geschärftes Profil der reformierten Kirche hebt auch der Präsident der Synode A.B. und der gemeinsamen Generalsynode, Peter Krömer, hervor. Als Landessuperintendent konnte Karner das eigenständige theologische Profil der reformierten Kirche in der Öffentlichkeit und in der Landeskirche im Rahmen der Generalsynode und deren Ausschüssen sowie in den Synodalausschüssen „deutlich, oft auch humorvoll, zur Darstellung zu bringen“, erinnert sich Krömer. „Peter Karner machte deutlich, dass evangelisch nicht nur ‚lutherisch‘, sondern auch ‚reformiert‘ sein kann.“ Trotz aller daraus entstehenden Diskussionen habe der frühere Landessuperintendent und Hofrat „stets das Gemeinsame zwischen der evangelisch-lutherischen Kirche und der evangelisch-reformierten Kirche, auch unter Hinweis auf die gelebte Leuenberger Kirchengemeinschaft (GEKE) gesucht“, erklärt Krömer. Mit dem Ableben von Peter Karner verliere die Evangelische Kirche H.B. in Österreich, aber auch die Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich einen „profilierten Theologen“.
Zur Biographie von Peter
Karner
Peter Karner wurde am 14. Mai 1937 in Wien geboren. Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Wien und Basel wurde er 1963 in der Reformierten Stadtkirche ordiniert. Von 1965 bis zu seiner Pensionierung 2004 wirkte er als Gemeindepfarrer von Wien-Innere Stadt und gehörte in dieser Zeit sowohl der Synode H.B., als seit 1970 auch dem Evangelischen Oberkirchenrat H.B. an.
1986 wurde er zum Landessuperintendenten der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich gewählt, 1992 sowie 1998 erfolgte die Wiederwahl. Als Landessuperintendent war Karner auch stellvertretender Vorsitzender des Oberkirchenrates A. und H.B. Karner wirkte in zahlreichen synodalen Gremien mit und gründete darüber hinaus den Verband der Wiener Evangelischen Pfarrgemeinden H.B. Von 1982 bis 1986 war Karner Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich.
Peter Karner war auch als Journalist tätig. Seit 1965 war er freier Mitarbeiter des ORF Radio. Er wirkte bei zahlreichen Sendungen mit, so z.B. beim Evangelischen Wort, der Morgenbetrachtung, „Einfach zum Nachdenken“ und der Ökumenischen Morgenfeier. 1973 und 1977 erhielt Karner den „Unda-Sevilla-Preis“ für die weltbeste religiöse Sendung.
Karner produzierte Sendungen für den Deutschlandfunk/Köln, den Bayerischen Rundfunk, den Südwestfunk und für den Sender „Freies Berlin“. Daneben war er Kolumnist in mehreren österreichischen Wochenzeitungen, u.a. in „Präsent“, „Furche“ und „Kirche in“.
Von 1967 bis 1986 war Karner Chefredakteur des Reformierten Kirchenblattes. Zudem war er Herausgeber der Reformierten Schriften. Zwischen 1974 und 2002 brachte er rund 20 Bücher heraus. Maßgeblich an der Aufarbeitung der reformierten Geschichte in Österreich beteiligt, publizierte er auch zum 200. Gemeindejubiläum 1986 den Band „Die evangelische Gemeinde H.B. in Wien“.
Zu seinen besonderen Leistungen als Autor zählen die sprachliche Neuübertragung des Heidelberger Katechismus nach dem Original der österreichischen Nationalbibliothek (mit Erika Tuppy) und des gereimten Jorissen-Psalters 1792 (mit Josef Dirnbeck).
2003 wurde Karner das große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Peter Karner hinterlässt seine Ehefrau Inge und den gemeinsamen Sohn Robert.
In Jerusalem versammelten
sich lokale Kirchenoberhäupter, Leitende des Ökumenischen Rates der Kirchen,
Partner und Freundinnen und Freunde, um das 20-jährige Bestehen des
Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel zu feiern.
Die Teilnehmenden feierten das 20-jährige Bestehen des Programm, durch das Kindern und Erwachsenen ein Gefühl
der Sicherheit vermittelt wird, bedauerten jedoch, dass die gegenwärtige Lage
im Heiligen Land dazu führt, dass die Begleitung heute nötiger ist denn je.
Rund
100 Gäste versammelten sich im Hotel Imperial in Jerusalem für Begegnungen
und den Austausch von Geschichten über Erfahrungen vor Ort. Unter den Gästen
befanden sich Kirchenleitende, Vertretende von Mitgliedskirchen und
ökumenischen Partnern, ökumenische Begleitpersonen sowie nationale
Koordinatorinnen und Koordinatoren des Ökumenischen Begleitprogramms in
Palästina und Israel.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Seiner Eminenz
Erzbischof Aristarchos von Constantina und dem
geschäftsführenden ÖRK-Generalsekretär, Priester Prof. Dr. Ioan Sauca. Zu den Referentinnen und Referenten gehörten unter
anderem nationale Koordinatorinnen und Koordinatoren des Ökumenischen
Begleitprogramms in Palästina und Israel, ökumenische Begleitpersonen, Bischof
Ibrahim Azar der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Heiligen Land und Jerusalem
und Pastor Dr. Munib Younan, emeritierter
Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land.
Sauca
sprach in seiner Rede sowohl von der Freude als auch von den Sorgen in Bezug
auf das Programm.
„Die weltweite
ökumenische Gemeinschaft hat stets danach gestrebt, sich in aktiver Solidarität
mit den Christinnen und Christen im Nahen Osten zu engagieren, die in
Fortsetzung einer ungebrochenen Linie des christlichen Glaubenszeugnisses
leben, sich in multireligiösen Kontexten bewegen und in bedeutender Weise zur
lebendigen Vielfalt und zur Entwicklung ihrer Gesellschaften beitragen“, sagte
er.
„Aufruhr,
gewalttätiger und religiös motivierter Extremismus, andauernde militärische
Besatzungen, Diskriminierung und systematische Menschenrechtsverletzungen,
Wirtschaftskrisen und Korruption, die Abwesenheit des Rechtsstaates sowie
weitere Faktoren haben zu einer existenziellen Krise beigetragen, die alle in
der Region betrifft.“
Sauca
sagte, dies beeinträchtige insbesondere vulnerable Gemeinschaften, einschließlich
die Christinnen und Christen, die mit Vertreibung und Massenmigration
konfrontiert seien.
„Wir bekräftigen, dass gleiche Rechte, inklusive Staatsbürgerschaft,
Gerechtigkeit und Würde für alle, ohne Diskriminierung aufgrund von Religion
oder der ethnischen Zugehörigkeit, das beste Mittel zur Abwendung dieser Gefahr
sind“, sagte er.
Im Jahr 2002
gründete der ÖRK das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel als
Antwort auf einen Aufruf von Kirchenleitenden im Heiligen Land.
„Der ÖRK, dessen
Mitgliedskirchen weltweit über 580 Millionen Christinnen und Christen
vertreten, antwortete auf diesen Aufruf“, sagte er. „Unter erheblicher Gewalt
durch Siedlerinnen und Siedler waren anfangs 2002 Bewohnerinnen und Bewohner
des kleinen Dorfes Yanoun aus ihren Häusern
vertrieben worden.“
Als Reaktion
darauf beschlossen israelische und ausländische Friedensaktivistinnen und
-aktivisten, sich in Yanoun niederzulassen, in der
Hoffnung, dass die Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes einen sicheren Weg
finden würden, um zurückzukehren. „Dank der Schutzpräsenz dieser Aktivistinnen
und Aktivisten konnten die Menschen von Yanoun in ihr
Zuhause zurückkehren“, erinnerte Sauca.
Dieser Erfolg
diente als Inspiration: Noch im gleichen Jahr wurde das Ökumenische Begleitprogramm
in Palästina und Israel ins Leben gerufen. Seither haben Mitgliedskirchen des
ÖRK über 1800 ökumenische Begleitpersonen aus 25 Ländern bestellt, die
jeweils dreimonatige Einsätze im Westjordanland leisten.
Das Programm
arbeitet eng mit den lokalen Gemeinschaften, mit israelischen und
palästinensischen Menschenrechtsgruppen und mit internationalen Einrichtungen
zusammen und konnte seither eine ständige Präsenz in der Region
aufrechterhalten.
Grußbotschaften
von nah und fern
Verschiedene Personen, die in den vergangenen
Jahren für das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel gearbeitet
oder dieses unterstützt hatten, überbrachten bei dieser Gelegenheit ihre
Glückwünsche und sprachen von ihren Erinnerungen.
Bischof Dr. Munib Younan,
ehemaliger Präsident des Lutherischen Weltbundes, sagte, das Ziel des Programms
sei, „Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung in Palästina und Israel und in der
ganzen Welt zu fördern“.
Er fügte hinzu:
„Wir müssen nur diesem Gott der Gerechtigkeit vertrauen. Dies ist meine
Hoffnung für die Welt.“
Salpy Eskidjian der Organisation Office of
the Religious Track of the Cyprus Peace Process sagte, die Situation vor Ort in Palästina und
Israel habe sich nicht auf eine Weise verbessert, wie man sich dies vor
20 Jahren erhofft hatte, sie habe sich bloß verändert.
„Ich bete dafür,
dass die weitere weltweite ökumenische Familie diese Schutzpräsenz auch
weiterhin aufrechterhält, solange die Mitgliedskirchen und die lokalen
Gemeinschaften sie als nötig erachten“, sagte sie. „Es ist eine wahre Freude
und die Menschen sind dafür sehr dankbar.“
Zahlreiche über
die Jahre entstandene Fotos zeigen ökumenische Begleitpersonen, die als
friedliche Schutzpräsenz palästinensische Kinder auf ihrem Schulweg begleiten.
Eskidjian
fügte hinzu, sie hoffe, dass das Programm weiterhin wachse und auch in Zukunft
das Leben der Menschen verändere.
„Ich hoffe auf
einen Ort, an dem zwei Völker und alle Glaubensgemeinschaften gemeinsam in
Frieden leben“, sagte sie.
Auch Sara
Speicher, stellvertretende Generalsekretärin der Weltvereinigung für
Christliche Kommunikation, erinnerte an die Anfänge des Programms. „Die Idee
wurde von den Kirchenleitenden und den palästinensischen und israelischen
Gruppen vor Ort in erster Linie als ein konkretes Zeichen verstanden und
gewürdigt, dass der ÖRK sich für sie interessiert, aber auch als Hoffnung, dass
diese Begleitung zu Solidarität führen, eine gewisse Sicherheit gewährleisten
sowie ein Bewusstsein für die Situation fördern würde.“
Sam Bahourm, geschäftsführender Partner von Applied Information
Management in Palästina, sagte, die ökumenische Begleitung sei eine
lebensrettende und lebensverändernde Erfahrung. „Das Programm rettet Leben,
weil eine ausländische Präsenz die israelische Besatzungsmacht oder die
illegalen israelischen Siedlerinnen und Siedler in vielen Fällen davor
abschreckt, uns in unserem Alltag zu beeinträchtigen.“
Pastor Dr. Owe Boersma, Referent für
ökumenische Netzwerke und Organisationen bei Brot für die Welt, sagte, für ihn
sei das Programm ein Erfolg, weil dadurch Menschen in verschiedenen Kontexten
mit der Wirklichkeit der Besatzung konfrontiert würden und daran arbeiteten,
diese zu beenden.
„Leider fällt das
20-jährige Jubiläum fast genau mit dem 55. Jubiläum der Besatzung
zusammen“, sagte er.
Manuel Quintero
Perez, ehemaliger Koordinator des Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina
und Israel, rief einen Vers aus Kapitel 12 des 1. Korintherbriefs in
Erinnerung, der von Leid spricht.
„Und wenn ein Glied
leidet, so leiden alle Glieder mit“, zitierte Perez. „Es war ausgezeichnet,
dass der ÖRK mit der Gründung dieses Programms reagierte und dabei den Kirchen
aus zahlreichen Ländern ermöglichte, am Leiden der Kirchen im Heiligen Land
Anteil zu nehmen“, sagte er.
Im Land, in dem
Jesus geboren wurde, gebe es viel Hass, sagte Perez weiter, und der Friede sei
ein langfristiger Prozess. „Meine einzige Hoffnung besteht darin, dass die
ökumenische Gemeinschaft auch weiterhin mit den Menschen hier arbeitet, um diese
Lösung zu finden.“
Auch der gewählte
ÖRK-Generalsekretär, Pastor Prof. Dr. Jerry Pillay, teilte seine Gedanken
mit den Anwesenden.
„Trotz des Elends
der palästinensischen Bevölkerung im Heiligen Land, und insbesondere der jungen
Menschen, bleibt Gott die einzige Konstante für alles. Er ist der Kompass, der
uns zum angestrebten Ziel führt“, sagte er. „Was immer wir im Ringen um
Gerechtigkeit auch tun – unser konkretes Handeln muss als ein Schritt hin zu
einer gesellschaftlichen Veränderung gesehen werden.“
In anderen
Worten, wir benötigten eine Vision einer alternativen Gesellschaft, schlug
Pillay vor. „Was bedeutet dies im Zusammenhang mit dem
israelisch-palästinensischen Konflikt?“, fragte er. „Wir müssen auf unserem
gemeinsamen Pilgerweg der Gerechtigkeit, der Versöhnung und der Einheit
weitergehen.“
Carla Khijoyan, Programmreferentin des ÖRK für die Friedensarbeit
im Nahen Osten, sagte, die Besatzung sei nicht nur illegal, sondern auch
unethisch. „Genauso wie es in diesem Konflikt moralische Dimensionen gibt, ist
es für uns als Kirchen und Christinnen und Christen eine moralische
Verpflichtung, darauf zu reagieren“, sagte sie und fügte hinzu, dass die Arbeit
als ökumenische Begleitperson „eine Lehre der Resilienz und des Widerstandes,
der Hoffnung, der Würde und der Integrität“ sei – eine Lehre, die uns für immer
verändere.
Eröffnungsrede
des geschäftsführenden ÖRK-Generalsekretärs anlässlich des 20-jährigen
Jubiläums des EAPPI (auf Englisch)
Fotogalerie:
EAPPI – 20 Jahre in Bildern
ÖRK an Feier zum
17. Jubiläum der Inthronisation Seiner Seligkeit Theophilos III.,
Patriarch von Jerusalem und ganz Palästina (ÖRK-Pressemitteilung vom
23. November 2022)
Beratungsausschuss
für Verbindungsbüro in Jerusalem plant auf erster vorbereitender Tagung für die
Zukunft (ÖRK-Pressemitteilung
vom 23. November 2022)
KANADA-REISE
Nach seiner Reise nach Kanada hat Papst Franziskus
den Umgang mit Indigenen in von der katholischen Kirche betriebenen Internaten
des Landes als „Völkermord“ bezeichnet. In Kanada hatte er die Verbrechen zwar
verurteilt und dafür um Verzeihung gebeten, das Wort Völkermord aber nicht
verwendet.
Er
habe in Kanada um Vergebung für das Unrecht gebeten, „das ein Völkermord war“, sagte
Franziskus in der Nacht zum Samstag im Flugzeug zurück nach Rom. Vor Reportern
sprach er von „entführten“ Kindern und der zwangsweisen Veränderungen „einer
ganzen Kultur“ in Kanada.
Das Wort
„Völkermord“ sei ihm in Kanada nicht in den Sinn gekommen, doch dabei handle es
sich um einen klar definierten Begriff – und was er gerade beschrieben habe,
„ist sehr wohl Völkermord“, sagte Franziskus. Während seiner sechstägigen Reise
hatte das Kirchenoberhaupt die indigene Bevölkerung des Landes wiederholt um
Vergebung für das Leid gebeten, das ihr jahrzehntelang angetan worden war.
Zwischen Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 90er Jahre des 20.
Jahrhunderts hatte die kanadische Regierung etwa 150.000 indigene Kinder in Internate
geschickt, die zum großen Teil von der katholischen Kirche betrieben wurden.
Sie wurden von ihren Familien, ihrer Sprache und ihrer Kultur abgeschnitten. Viele
von ihnen wurden körperlich und sexuell misshandelt.
Offiziell kamen mehr als 4.000 Kinder infolge von Unterernährung,
Krankheiten und Vernachlässigung ums Leben, nach Schätzungen dürften es mehr
als 6.000 gewesen sein. Eine nationale Untersuchungskommission sprach von einem
„kulturellen Völkermord“. Die Entdeckung von 1300 anonymen Gräbern im
vergangenen Jahr hatte eine Schockwelle ausgelöst.
Der Papst bezeichnete seine am vergangenen Sonntag begonnene Kanada-Reise
als „Pilgerfahrt der Buße“. Er bedauerte bei seinen Besuchen verschiedener
indigener Gemeinschaften „kulturelle Zerstörung“ und „physischen, verbalen,
psychologischen und geistigen Missbrauch“. Seine Bitten um Entschuldigung waren
seit langer Zeit erwartet worden.
Viele Indigene begrüßten die Worte des Papstes,
von „emotionaler Befreiung“ war die Rede. Immer wieder meldeten sich jedoch
auch Indigenen-Vetreter und beklagten, sie hätten
mehr vom 85-jährigen Kirchenoberhaupt erwartet. Einige forderten etwa die
Rückgabe von Kunstgegenständen der Ureinwohner, die seit Jahrzehnten im Vatikan
aufbewahrt werden, oder Zugang zu den Archiven der Internatsschulen. Für Kilikvak Kabloona, Vorsitzender der Organisation Nunavut Tunngavik, die die Inuit im nördlichen Territorium Nunavut
vertritt, war „die Entschuldigung des Papstes nicht vollständig“. Er habe den
„sexuellen Missbrauch“, den viele Ureinwohner erlitten haben, nicht direkt
angesprochen.
red, ORF.at/Agenturen